Wahlkampf an der Wohnbaufront

Wenn sich die FDP dem Vehikel einer Einzelinitiative bedient und keine Gelegenheit unversucht lässt, das Erfolgsmodell des gemeinnützigen Wohnbaus zu diskreditieren – nun, dann kann der Wahlkampf nicht mehr weit weg sein.

Meine erste Ratssitzung am vergangenen Mittwoch begann mit einem lebendigen Auftakt: Eine Einzelinitiative aus dem Umfeld der FDP forderte, dass Mieter in „staatlich gestützten Wohnbauträgern“ maximal 4 Mal so viel verdienen dürfen, wie die Miete beträgt, und dass klare Belegungsvorschriften gelten müssen.

Letzteres ist in praktisch allen Genossenschaften bereits heute der Fall. Die Wohnraumverschwendung findet denn auch kaum in den Genossenschaften, sondern eher am Züriberg statt (wo die Einzelinitiative herstammt), wie AL-Gemeinderat Niggi Scherr treffend ausführte. Der Lohndeckel würde dazu führen, dass Genossenschaften ihre MieterInnen regelmässig überprüfen und aus ihren Wohnungen rausschmeissen müssten. Viele mittelständischen Familien würden wohl aus Zürich vertrieben. Wie Stadtrat Leupi erklärte, beträfe die Reglung übrigens auch diverse „bürgerliche“ Wohnbaugenossenschaften…

Verschwiegen wird von bürgerlicher Seite, weshalb Genossenschaften und Stiftungen günstigere Wohnungen vermieten: Sie verlangen eben nicht die höchstmögliche Marktmiete, sondern eine Kostenmiete – die nur so hoch ist, dass die laufenden Kosten gedeckt und ein angemessener Profit erwirtschaftet werden kann.

Die Idee hinter dem Vorstoss wird rasch klar: Der gemeinnützige Wohnbau soll diskreditiert, subventionierte Wohnungen (deren Miete durch die Stadt aktiv vergünstigt wird und für die deshalb auch klare Einkommens- und Vermögensgrenzen gelten) sollen in der politischen Debatte mit sämtlichen Wohnungen von Genossenschaften und Stiftungen gleichgestellt werden. Doch nur mit einem grösseren Anteil an gemeinnützigem Wohnbau bleibt Zürich eine vielfältige Stadt für alle: Dann nämlich gibt es genügend Wohnungen, die auch bezahlbar bleiben. Im angeheizten freien Immobilienmarkt ist das nur noch selten der Fall – wer je auf Wohnungssuche in Zürich war, kann davon ein Lied singen.

Die Einzelinitiative wurde mit 46 (bürgerlichen) Stimmen vorläufig unterstützt, der Stadtrat muss nun dazu einen Bericht und Antrag vorlegen: Fortsetzung folgt.